Grundsätzlich kann eine Ehe erst dann geschieden werden, wenn beide Ehegatten das sog. Trennungsjahr eingehalten haben. Während dem Trennungsjahr müssen die Ehegatten zwar nicht unbedingt häuslich voneinander getrennt leben, es darf jedoch keine gemeinsame Haushaltsführung mehr zwischen den Parteien bestehen. Ausnahmsweise kann eine vorzeitige Scheidung in diesen Fällen auch dann bereits erfolgen, wenn die Fortführung der Ehe für einen Ehepartner eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Dies hatte jetzt das OLG Oldenburg (4 UF 44/18) im Falle von Beleidigungen und Gewalttätigkeiten in einem aktuellen Urteil nochmals bestätigt.
Im zu entscheidenden Fall hatten sich die Ehegatten im September 2017 voneinander getrennt. Im Februar 2018 wurde die Ehe durch Beschluss des Familiengerichts geschieden. Nach Anhörung der Ehegatten sowie der beiden Kinder kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Ehemann seine Frau beleidigt und tätlich angegriffen habe.
Gegen diesen Beschluss erhob der Ehemann – letztlich erfolglos – Beschwerde. Er sei der Auffassung, dass das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen und die Ergebnisse der Zeugenvernehmungen fehlerhaft gewürdigt worden seien.
Laut dem Gericht müsse sich die unzumutbare Härte für den anderen Ehegatten nicht auf die Aufrechterhaltung der ehelichen und häuslichen Gemeinschaft beziehen, sondern vielmehr auf die des „formellen Ehebandes“. Dieses sei durch die hier erfolgten Ehrverletzungen, Beleidigungen und Gewalttätigkeiten gegen die Ehefrau tangiert.
Laut Aussage des 25-jährigen Sohnes habe der Ehemann auch ihm während einem Streit im September 2017 eine Ohrfeige gegeben und die Ehefrau aufgrund ihrer Schlichtungsversuche geschüttelt. Infolgedessen erlitt die Ehefrau einen Krisenanfall, so dass sowohl die Polizei als auch ein Rettungswagen bestellt werden mussten. Das Gericht befand die Zeugenaussagen für glaubhaft.
Der Ehemann rügte die wörtliche Übersetzung seiner Beleidigungen, die er der Ehefrau in türkischer Sprache entgegenbrachte. Eine kulturelle Übersetzung ließe die Beleidigungen seiner Auffassung nach milder erscheinen. Dies wies das Gericht jedoch mit Hinweis auf den Vorfall im September 2017 zurück. Hieran lasse sich erkennen, wie sehr die Ehefrau unter dem Verhalten des Ehemannes gelitten habe.
Die Ehe konnte somit in diesem Fall ausnahmsweise vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden.
Mein Tipp:
Das Trennungsjahr soll sicherstellen, dass ein Aufrechterhalten des Ehebundes nach dessen Ablauf ausgeschlossen ist und die Ehe somit endgültig gescheitert ist. Um überstürzte Entscheidungen zu verhindern, solltes Sie daher das Trennungsjahr grundsätzlich auch einhalten. Der hier vom OLG Oldenburg entschiedene Fall stellt jedoch ein Beispiel für eine unzumutbare Härte für den Antragsteller, die eine vorzeitige Scheidung zulässt, dar. Sollten Sie sich unsicher sein, ob auch in Ihrem Fall eine vorzeitige Scheidung möglich ist, können Sie mich jederzeit gerne kontaktieren.
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